In
den opulenten Räumen der Kapitolinischen Museen in Rom wurden
2012 zum ersten Mal in der Geschichte 100 ausgewählte
Originaldokumente von großer historischer Bedeutung aus dem
vatikanischen Geheimarchiv ausgestellt, wo sie zusammen mit vielen
anderen Schätzen in ca. 85 Regalkilometern seit Jahrhunderten
aufbewahrt werden. Anlass für die
Ausstellung war die Gründung des päpstlichen Archivs
vor 400 Jahren, und nun sollte etwas "Licht ins Geheimnisvolle".
Es waren zwar "nur" Schriftstücke, die in Vitrinen in abgedunkelten Räumen präsentiert wurden, aber zusammen mit Erläuterungen des historischen Kontextes wurden sie zu einmaligen, super-spannenden und lebendigen Zeugen ihrer Zeit. Also, fand ich jedenfalls. Anbei ein paar Beispiele dieser bis dato einmaligen Ausstellung, die im September 2012 zu Ende ging. |
Das Vatikanische Geheimarchiv ist ein Weltkulturerbe. Geheim bedeutet
dabei aber eigentlich privat, da der Papst alleine bestimmt, was der
Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird.
Wissenschaftler haben schon seit 1881 zu Forschungszwecken Zutritt zu
diesem einmaligen Archiv. Papst Leo XIII (1878-1903) hatte es
für die historische Forschung freigegeben.
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Von den 85 Kilometern Akten sind problematische Bestände
allerdings auch heute noch gesperrt. Vor allem die Dokumente von Papst Pius XII
(1876-1958), von denen erst Teile publiziert wurden, bewegen die
Gemüter. Die Haltung, die der Papst - als
Kardinalstaatssekretär hatte er 1933 das Konkordat mit dem
nationalsozialistischen Deutschland beschlossen - gegenüber
Hitler und dem Holocaust einnahm, gilt vielen Beobachtern als noch
nicht abschließend geklärt.
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1632 erschien Galileis Buch Dialog über die zwei wichtigsten
Weltsysteme, das ptolemäische und das kopernikanische
(kurz: Dialogo). Darin verteitigt er u.a. das kopernikanische System
mit seiner – falschen – Theorie der Gezeiten. Das
kopernikanische ("heliozentrische") Weltbild basierte auf der Annahme,
dass sich die Planeten um die Sonne bewegen – im Gegensatz
zum älteren ptolemäischen ("geozentrischen") Weltbild,
in dem die Erde als Zentrum des Universums betrachtet wird.
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Der Auflage der Zensur, das Buch mit einer positiven Schlussrede
für das ptolemäische System zu beenden, kam Galilei
nach, indem er diese Rede den Dummkopf Simplicio halten ließ.
Überdies machte er sich über einen Lieblingsgedanken
des Papstes Urban VIII lustig: dass man eine Theorie niemals
über die von ihr vorhergesagten Effekte prüfen
könne, da Gott ja diese Effekte jederzeit auch auf anderem
Wege hervorbringen könne (klar, logisch!).
Das war nicht
besonders clever von Galilei, denn damit überspannte er den
Bogen, verspielte die Protektion des Papstes - und bekam nun so
richtig Stress mit der Inquisition. Und die machte ja bekanntlich keine
Scherze!
Obwohl er unter den Kardinälen auch Freunde hatte, kam es also im Jahr 1633 in Rom in der Basilika Santa Maria sopra Minerva (das ist die mit dem kleinen Elefanten mit dem Obelisken davor, in der Nähe vom Pantheon) zum Prozess. Nur weil er seine Fehler eingestand, verfluchte und verabscheute, wurde er 'nur' zu lebenslänglicher Kerkerhaft verurteilt und entkam so knapp der Hinrichtung auf dem Scheiterhaufen. Puh, das war knapp! |
Galilei hielt aber an seiner Überzeugung fest: schon beim
Verlassen des Gerichtssaals soll er seinen berühmten Satz
gemurmelt haben: Eppur si muove! ('Und sie bewegt sich doch!'). Bereits
nach fünf Monaten, im Dezember 1633, durfte er in seine Villa
Gioiella in Arcetri zurückkehren, blieb jedoch unter
Hausarrest, verbunden mit dem Verbot jeglicher Lehrtätigkeit.
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1770 reiste Wolfgang Amadeus Mozart mit seinem Vater Leopold nach Rom.
Die Konzerte des 13-jährigen in vielen verschiedenen
Städten waren außerordentlich erfolgreich. Doch die
Reise hatte für ihn auch den Zweck der musikalischen und
sprachlichen Weiterbildung. Dank seiner Reputation konnte er in Rom an
einer Liturgie in der Sixtinischen Kapelle teilnehmen, wo er das
Miserere für zwei Chöre des italienischen Komponisten
Gregorio Allegri hörte. Die Partituren dieses Komponisten
waren streng geheim. Doch da dem jungen Mozart die Musik sehr gefiel,
schrieb er sie kurzerhand aus dem Gedächtnis auf –
die Abweichungen vom Original waren äußerst gering!
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Diese Nachricht gelangte nach wenigen Tagen selbst bis zu Papst Clemens
XIV, der den jungen Komponisten zu einer Privataudienz einlud und ihm
danach persönlich den Orden vom Goldenen Sporn ('Speron
d’Oro') verlieh.
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Der "Orden vom Goldenen Sporn" ist der zweithöchste Orden
für Verdienste um die römisch-katholische Kirche. Die
Träger dieses Ordens sind berechtigt, den Titel Ritter
(Cavaliere) vom Sporn zu führen und werden in Briefen mit
Sacri Palatii Comites et Equites aurati angeredet. Echt toll! Die
Cavaliere durften (und dürften heute noch!) hoch zu Ross in
eine Kirche einreiten! Ganz supi - das will ich auch schon lange mal!
Mozart machte aber von keinem seiner neuen Privilegien je Gebrauch.
- - - * Das Breve als Gattung der päpstlichen Urkunden ist ein Schreiben, das sich von der Bulle durch seine Kürze und die geringere Feierlichkeit unterscheidet. Es wird vom Papst ohne Beirat der Kardinäle erstellt, enthält stets offizielle Entscheidungen und ist daher von einem Privatschreiben des Papstes ('motu proprio') zu unterscheiden. Von "Breve" leitet sich das deutsche Wort "Brief" ab. |
Mit der ersten Bulle Exsurge Domine, einer "Bannandrohungsbulle" vom
Juni 1520, sollte Martin Luther innerhalb von 60 Tagen 41 seiner Thesen
widerrufen - doch Luther verbrannte die Bulle öffentlich! Durch
die zweite, hier gezeigte Bulle Decet Romanum Pontificem vom Januar
1521, wurde Martin Luther dann exkommuniziert. Dieses Dokument war vorher noch
nie der Öffentlichkeit zugänglich und ist sicher ein
Höhepunkt der Ausstellung. Daher noch ein ein paar weitere
Hintergrundinfos.
Schon auf die Drohungen, die Leo X in Exsurge Domine gegen die Schriften und Thesen Luthers 1517 geäußert hatte, antwortete Luther mit den Mitteln eines wortgewaltigen Publizisten – der zuvor im Jahr 1450 durch Johannes Gutenberg erfundene Buchdruck machte es erst möglich. In seiner Denkschrift Von der Freyheith eines Christenmenschen ('De libertate christiana') hielt Luther der päpstlichen Bulle entgegen: Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand Untertan. |
Zum Handeln aufgefordert, bestellte Kaiser Karl V. Luther zum Reichstag
nach Worms. Als Luther auch dort nicht widerrief*, verhängte der
junge Herrscher die Reichsacht ("Wormser Edikt") über ihn. Vor den
Folgen der damit verbundenen Vogelfreiheit rettete ihn bekanntlich
der sächsische Kurfürst Friedrich der Weise durch die
Entführung auf die Wartburg, wo Luther das Neue Testament aus dem
Griechischen ins Deutsche übersetzte. Die Reformation in
Deutschland nahm ihren Lauf ...
--- * "[Da] … mein Gewissen in den Worten Gottes gefangen ist, ich kann und will nichts widerrufen, weil es gefährlich und unmöglich ist, etwas gegen das Gewissen zu tun. Gott helfe mir. Amen." (Die oft zitierte Version "Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir, Amen", ist nicht belegt.) |
Das Konklave (lat.: cum
clave – "mit dem Schlüssel")
bezeichnet den abgeschlossenen Ort, das "Wahllokal" der
Kardinäle
für die Papstwahl, traditionell die Sixtinische Kapelle. Der
Begriff bezeichnet aber auch die Versammlung der Kardinäle
selbst.
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Nach dem Tod Clemens IV im Jahr 1265 begann die längste Zeit ohne
Papst (Sedisvakanz) der Papstgeschichte: sie dauerte fast drei Jahre.
Die Papstwahl fand immer am Amtssitz des verstorbenen Papstes statt.
Das war diesmal Viterbo.
Nach über zwei Jahren der erfolglosen
Papstsuche schritten deren Bürger zur Tat: Sie schlossen die
Kardinäle im Papstpalast ein, entzogen ihnen Lebensmittel und
ließen das Gebäude von Bewaffneten umstellen. Als dies noch
immer nichts half, ließ der Bürgermeister der Stadt das
Dach des
Palastes abtragen, damit die Kardinäle der Witterung ausgesetzt
waren. Dennoch dauerte es noch mehrere Monate, bis endlich am 1.
September 1271
der Erzdiakon von Lüttich, Tedaldo Visconti zum Papst bestimmt
wurde: Gregor X.
Dieser Vorgang sollte sich seiner Meinung nach nie mehr wiederholen. Er wollte in Zukunft schnellere Entscheidungen herbeiführen, um allzu lange Vakanzen des Apostolischen Stuhles zu vermeiden. Deshalb erließ er eine neue Wahlordnung und führte das neue Konklave mit der hier vorliegenden Annahme der Konstitution Ubi periculum vom 7. Juli 1274 auf dem II. Konzil von Lyon ein. (Wer mehr wissen möchte, kann hier die Regeln des Konklave vertiefen => dort Ubi periculum anklicken.) |
Hinweis
Mit der Apostolischen Konstitution Universi Dominici Gregis
– Hirte der gesamten Herde des Herrn vom 22. Februar 1996 hat
Papst Johannes Paul II diese Wahlordnung modifiziert. Auch die
Beisetzungsmodalitäten und die Liturgie in der Petersbasilika,
wohin der Leichnam zu überführen ist, sind genau festgelegt.
Den verstorbenen Papst zu fotografieren ist streng verboten. Ausnahmen
sind nur nach der Aufbahrung des Leichnams in Pontifikalgewändern
mit Sondergenehmigung des Kardinal-Camerlengo möglich.
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