DIE BARKASSEN
('As barcaças') Die Wohnhäuser der Arbeiter
haben auf ihrem Dach eine sogenannte 'Barkasse' ('barcaça'): Ein
Wellblechdach kann auf Schienen komplett zurückgeschoben werden, und auf der
frei werdenden Holzfläche trocknet der Kakao dann in der Sonne. Nachts und
bei Regen schließen die 'barcaceiros' ihre Barkassen.
Wohnhaus mit 'Barkasse': In der Regenzeit werden die Fenster gern mit Planen abgehängt. Hunde wärmen sich nach dem Regen in der Sonne. In der 'Barkasse' säubert Manuel den trocknenden Kakao. Die 'Barkassen' von hinten Reine 'Barkassen', ohne Haus |
DIE
KAKAOBOHNE
('A amêndoa de cacau') Bei der
Trocknung bekommen die Bohnen ihre typische, braune bis dunkelbraune Färbung
und das leckere, schokoladige Aroma bildet sich aus. Gleichzeitig verlieren
sie einen Teil ihres bitteren Geschmacks. Als Inhaltsstoffe der Bohnen sind
u.a. Fett (über 50 %!), Stärke (7 %), Eiweiße (12 %), Theobromin und auch
Coffein zu nennen.
Trocknende Kakaobohnen Längsschnitt durch eine Kakaobohne. Den hohen Fettanteil kann man deutlich sehen. Poster "Kakaobohnen" (poster "Amêndoas de Cacau") Kakaolager ('armazém do cacau'). Gelagert werden die Kakaobohnen in Jute- oder Plastiksäcken. |
ARBEITEN IM FELD – DIE
PFLEGE
('Trabalhos na roça – a manutenção') Auch wenn die Arbeit morgens offiziell um
7.00 Uhr beginnt, ist Osmundo meistens schon ab 6.30 Uhr, immer irgend etwas
hantierend, auf dem Hauptplatz der Farm zu finden. Osmundo ist einer der
vier Vorarbeiter (‚fiscal‘) der Farm und der lebende Beweis für
brasilianischen Fleiß, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit.
Er weiß, dass eine gute Pflege und Weiterentwicklung der Kakaoplantage sehr arbeitsintensiv, aber ebenso wichtig für die Produktivität und die Bekämpfung des Pilzschädlings 'vassoura-de-bruxa' und anderer Plagen ist. Bei den wichtigsten Arbeiten im Feld konnte ich Osmundo begleiten: "Ja klar, du kannst doch nicht hier wieder weggehen, ohne alles kennengelernt, fotografiert und aufgeschrieben zu haben!" Mulchen ('Cobertura-morta') Beim Mulchen (mulch
= engl. für unverrottetes organisches Material) platziert Osmundo halbierte Bananenstämme um einen Kakaobaum. Dabei
erklärt er: "Bananen haben einen riesigen Wasserspeicher, der den Kakaobaum
zusätzlich bewässert und außerdem störendes Wachstum von neuem Gras
verhindert. Deshalb heißt diese Methode 'cobertura-morta'. Zusätzlich
schützen die Bananenstämme die Pflanze vor Insekten und Schädlingen."
"Fliegennest" ('Ninho de mosca') Als Osmundo dann einen Bananenstamm in Scheiben schneidet und diese um einen
Kakaobaum herum legt, nennt er dies "Fliegennest" ('ninho de mosca'): Die
Wirkung sei dieselbe wie beim Mulchen, nur dass hierduch zusätzlich die
kleine Mücke angelockt werde, die dann die Kakaoblüten bestäubt. "Sie liebt
besonders den Strunk des Bananenstamms. Auf diese Weise erhöhen wir die
natürliche Bestäubung und somit die Produktivität der Kakaobäume."
"Hinführung der Wurzel" ('indução de raiz') Es ist beeindruckend, mit welcher Präzision Osmundo seine Machete einsetzt.
Das Stück des Bananenstammes für die Methode der "Hinführung der Wurzel"
('indução de raiz') passt haarscharf auf den ersten Schlag.
Diese Maßnahme hilft einem Ast, der mit der Pfropfen-Veredelungsmethode (s. weiter unten) neu angesetzt wird, schneller eigene Wurzeln zu schlagen und zu wachsen. Dazu presst Osmundo das abgeschlagene Stück des Bananenstamm unter den neu angewachsenen Ast. Der neue Ast nutzt nun den Bananenstamm, um eigene Wurzeln schneller in die Erde zu treiben. Sobald der neue Ast beginnt, Früchte zu tragen, wird der alte Baum abgesägt. "Hinführung der Wurzel": Beispiel eines Ergenbisses dieser Methode Osmundo pflanzt einen Kakaobaum Wenn Osmundo Kakao-Setzlinge neu pflanzt, nimmt er grundsätzlich die
Kakao-Sorten, die widerstandsfähiger gegen die 'vassoura-de-bruxa' sind als
andere Sorten. Zusätzlich düngt und mischt er vorher die Erde, gießt die
neue Pflanze und legt einen kleinen Mulch und erklärt: "Wenn ich will, dass
aus meinem Sohn einmal etwas Vernünftiges werden kann, muss ich ihm schon in
der Kindheit alle Chancen dazu eröffnen, nicht?"
DIE VEREDELUNG ('enxertia') Osmundo und seine Kollegen der Fazenda Boa Sentença
arbeiten intensiv mit der Veredelungsmethode "Pfropfen" ('metodo de
enxertia'). Diese Tätigkeit ist existentiell bei der Bekämpfung des
Pilz-Schädlings 'vassoura-de-bruxa', der der Kakaoproduktion Brasiliens so
sehr zugesetzt hat. Osmundo ersetzt mit dieser Methode vom Pilz befallene, aber
auch sonst schlecht produzierende Bäume, durch restistentere, gesunde
Sorten: "Wir setzen einfach einen produktiven Ast eines anderen, gesunden
Baumes an den Stamm eines befallenen oder schlecht produzierenden Baumes
an."
Poster Veredelungsmethode Pfropfen ('metodo de enxertia') Osmundo ritzt die Rinde des befallenen Baumes vorsichtig an, öffnet sie leicht
und setzt dann den schräg angeschnittenen Ast in die Schnittstelle ein. Mit
dem hohem Druck eines fest zugeschnürten Plastikbandes presst er den neuen
Ast fest an die Nahtstelle. "Den neuen Ast müssen wir mit einer kleinen
Plastiktüte abdecken, damit darunter die nötige Feuchtigkeit und Wärme
entstehen kann", erklärt er. Als letzten Schritt schützt er aber dann die
Nahtstelle vor zu starker, direkter Sonneneinstrahlung mit einem alten Blatt, da
der neue Ast sonst verbrennen würde. Innerhalb von ca. 3 - 4 Wochen wächst der
neue Ast an.
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